Ich habe gerne Neues. Ich gehe gerne an unbekannte Orte in die Ferien. Ich probiere gerne neue Technik aus und habe überhaupt gerne Abwechslung im Leben. Gleichzeitig lebe ich mit meiner Familie seit 12 Jahren in einem neuzeitlichen Kloster. Wir orientieren uns am Kirchenjahr und feiern darum jahraus- jahrein die gleichen christlichen Feste. Zudem haben wir einen strukturierten Monatsrhythmus mit fixen Gebetszeiten am Abend und beispielsweise einem Arbeitstag im Garten ("Ora et Labora") und einiges mehr. Ein Widerspruch? Lust auf Abwechslung und Struktur? Für mich nicht.
"Ein Rhythmus im Leben ist doch langweilig, immer dieser Wiederholungen und nichts Neues. Das ist doch nicht kreativ. " Diese Gedanken kenne ich sehr wohl und doch habe ich in den letzten 12 Jahren gemerkt, wie wohltuend der gemeinsame Lebensrhythmus in unserer Gemeinschaft ist und wie sehr er meinem Leben Struktur und Balance gibt.
Wiederholung ist nicht zwingend langweilig. Aus der Psychologie wissen wir, dass der Mensch gewisse Wiederholungen braucht, bis er Dinge wirklich gelernt hat und sich neue Muster bilden. Wie viele Repetitionen nötig sind, da ist man sich uneinig, von 20 bis 300 liest man alles. Klar ist, zwei - oder dreimal reichen nicht. Um wirklich Veränderung im Leben zu erreichen, braucht es Geduld und eben Wiederholung. Man könnte auch sagen. Es braucht einen Rhythmus. Der gibt Orientierung und Struktur. Gleichzeitig bleibt innerhalb dieser Ordnung viel Raum für Kreativität. Gerade weil man sich in den unendlichen Optionen des Alltags nicht verliert. Das scheint wie ein Paradox, ist aber wahrscheinlich eines der grossen Geheimnisse eines klösterlichen Lebens.
Eine besondere Stärke liegt darin, dass ich gemeinsam mit anderen diesen Rhythmus lebe, nicht allein für mich im stillen Kämmerlein, sondern eben zusammen mit unserer Gemeinschaft. Alleine könnte ich eher aufgeben oder mal lustlos einfach schwänzen, aber weil ich weiss, dass ich zum Beispiel am Abend im Gebetsraum andere treffe, die auch beten, hilft mir das. Ein Automatismus für Veränderung ist ein gemeinsamer Lebensrhythmus nicht. Das wäre naiv, aber ich glaube, ohne diesen Rhythmus ist tiefgreifende Erneuerung und Charakterentwicklung noch schwieriger.
M.Bischoff
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